Lilien-Spieler Chrsitoph Klarer sitzt mit leerem Blick auf dem Rasen.

Der SV Darmstadt 98 ist aus der Bundesliga abgestiegen. Überraschend kam das nicht mehr. Die Art und Weise der Niederlage, die den Gang in die Zweitklassigkeit letztlich besiegelte, dient aber als treffendes Sinnbild für die gesamte Lilien-Saison.

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Highlights: Darmstadt – Heidenheim

Im Hintergrund sieht man ein Fussballstadion, davor links das Logo von SV Darmstadt 98 und rechts das Logo vom 1. FC Heidenheim
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Fast hätte er schon vor Spielbeginn und der 0:1-Heimniederlage gegen den 1. FC Heidenheim endgültig festgestanden, der Lilien-Abstieg in die zweite Liga. Doch die Konkurrenz zeigte sich ausnahmsweise gnädig. Genauer: Die Kölner ließen den SV Darmstadt 98 mit ihrem späten Ausgleich in Mainz vorerst am Leben. Doch Reaktionen im Stadion am Böllenfalltor darauf – Fehlanzeige.

Denn der Fokus in Darmstadt lag ganz auf sich selbst. Klar, man wollte den endgültigen Abstieg möglichst lange hinauszögern. Dass er kommen würde, daran zweifelte in Südhessen wohl niemand mehr. So hatten längst nicht alle Lilien-Spieler was vom Köln-Ausgleich mitbekommen, wie Torhüter Marcel Schuhen bestätigte: "Ich habe es erst in der Halbzeit erfahren. Da war es mir ehrlich gesagt egal, weil ich will trotzdem jedes Spiel gewinnen."

Und auch die Fans hatten offensichtlich eine klare Mission: Die vorerst letzten Spiele in der Bundesliga nochmal richtig zelebrieren. Die Spieler und Trainer Torsten Lieberknecht bedankten sich dafür schon vor Anpfiff artig beim Anhang. Und der revanchierte sich mit einer Choreo, spannte erst ein Banner über den gesamten Block und zeigte dann ein Meer aus blauen und weißen Fahnen.

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Die komplette Lilien-PK nach dem Spiel gegen Heidenheim

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Mangelnder Einsatz? Fehlanzeige!

Die Mannschaft dagegen hisste trotz des nahenden Abstiegs nicht die weiße Fahne, sondern schmiss sich von Beginn an höchst giftig in jeden Zweikampf. Bestes Beispiel: Stürmer Oscar Vilhelmsson, der im Doppel-Duell mit zwei Heidenheimern seinen linken Schuh verlor, deshalb aber nicht etwa zurückzog, sondern weiterkämpfte - und damit immerhin einen Einwurf rausholte. Es war der erste sinnbildliche Moment des Spiels. Denn auch mit Blick auf die gesamte Saison muss man festhalten: An mangelndem Einsatz lag der vierte Lilien-Abstieg nicht!

Stattdessen aber an zu vielen einfachen Fehlern. Und auch dafür diente das Heimspiel gegen Heidenheim als Sinnbild. Der Blackout von Matej Maglica, der vor dem entscheidenden Gegentor ein bizarres Luftloch schlug, war dabei nur die Spitze des Eisbergs. Auch zuvor folgten auf gelungene Aktionen allzu oft unerklärliche Fehler. Auf gewonnene Zweikämpfe katastrophale Fehlpässe. Auf einen überragenden Nürnberger-Freistoß eine harmlose Ecke. Kurz: Konstanz im Großen wie im Kleinen fehlte zu oft – wie schon die ganze Saison lang.

Mitaufsteiger Heidenheim macht's vor

Dass am Ende ausgerechnet Mitaufsteiger Heidenheim den Abstieg besiegelt, passt da ins Bild. Denn schon das Hinspiel gegen Heidenheim war eine Art Schlüsselspiel, beide Teams trennten damals nur zwei Punkte. Heidenheim gewann 3:2, kam danach in den Rhythmus.

Darmstadt 98 gelang das nie, wie auch Lilien-Präsident Rüdiger Fritsch monierte: "Einen Flow reinzukriegen, eine Konstanz, eine Dynamik, das haben wir nicht hingekriegt." Stattdessen landeten die Lilien nach dem Hinspiel in Heidenheim erstmals auf dem 18. Tabellenplatz – sie verließen ihn seitdem nicht mehr.

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Lieberknecht: Ein Scheißmoment

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Der Abstieg, ein "Scheiß-Gefühl"

Und egal, wie lange man sich mental auf den drohenden Abstieg vorbereiten konnte: Als er dann feststand, schmerzte es. Das veranschaulichen die Lilien-Stimmen nach dem Spiel. "Das fühlt sich bescheiden an. Oder beschissen", so Präsident Fritsch. "Wir waren auf den Abstieg vorbereitet, trotzdem ist es ein Scheiß-Gefühl", fand Torwart Schuhen. "Alles was man sich vorher überlegt ist dahin, weil es einfach ein Scheiß-Tag ist", äußerte sich Trainer Lieberknecht. Bei aller Trauer geht der Blick nun nach vorne. Erst auf die verbleibenden drei Bundesligaspiele, dann auf die neue Spielzeit, die Planungen für die zweite Liga laufen ohnehin schon.

Klar ist: Der Auf- und Abstiegstrainer Torsten Lieberknecht bleibt in Darmstadt. Präsident Fritsch sieht einen gefestigten Verein: "Wenn man die Reaktion der Fans sieht, ist klar: Hier bricht nichts zusammen. Wir werden das jetzt anständig zu Ende spielen. Dann raufen wir uns zusammen und gehen das wieder neu an." Entscheidend wird dabei sein, welche Schlüsse der Verein aus dem bitteren Erstligajahr zieht.

Den tapferen Lilien-Fans wäre eine erfolgreiche neue Spielzeit zu wünschen. Oder zumindest mal wieder ein Heimsieg. Sie selbst stimmten sich auf jeden Fall schonmal auf das nächste Jahr ein, sangen "wir freuen uns auf Liga zwei". Na dann, viel Spaß!